
02.05.2022: Dringliche Motion «Eins nach dem anderen bei teuren Ausschreibungen»
Antrag:
Der Gemeinderat wird wie folgt beauftragt:
- Kredite für Ausschreibungen (z. B. Wettbewerbe, Studienaufträge), die in die Kompetenz des Parlaments fallen, werden dem Parlament vor der Publikation der Ausschreibung (inkl. allfällige Präqualifikation) zum Entscheid vorgelegt.
- Der Grundsatz gemäss Punkt 1 wird in einem Reglement oder in der Gemeindeordnung festgehalten.
- Kredite für Ausschreibungen (z. B. Wettbewerbe, Studienaufträge), die zwar nicht in die Kompetenz des Parlaments fallen, aber einen in die Kompetenz des Parlaments fallenden Kredit nach sich ziehen (z. B. Projektierungs- oder Ausführungskredit), werden dem Parlament vor der Publikation der Ausschreibung (inkl. allfällige Präqualifikation) zur Kenntnisnahme oder zum Entscheid vorgelegt.
- Der Grundsatz gemäss Punkt 3 wird einem Reglement oder in der Gemeindeordnung festgehalten.
- Der Gemeinderat lässt dem Parlament regelmässig, mindestens einmal pro Jahr, die aktuellen Zeitpläne aller Projekte zukommen, deren Umsetzung eines oder mehrerer Parlamentsentscheide bedarf.
- Der Grundsatz gemäss Punkt 5 wird in einem Reglement festgehalten.
- Bei der Umsetzung dieses Vorstosses wird die Geschäftsprüfungskommission und ggf. die Finanzkommission eng einbezogen.
Begründung:
Ausschreibungen bzw. die Umsetzung des ausgeschriebenen Auftrags bedürfen je nach Betrag der Zustimmung durch den Gemeinderat und das Parlament. Wie aus dem Geschäftsreglement des Parlaments(1) hervorgeht, beschränken sich die Rechte des Parlaments nicht darauf, einem Kreditgeschäft des Gemeinderats zuzustimmen, sondern das Parlament kann das Geschäft auch mittels Anträgen ändern, mit Auflagen versehen oder zurückweisen. Diese Rechte ausüben zu können, gehört zum Kern der parlamentarischen Kompetenzen.
Die Ausübung dieser Rechte wird stark erschwert, wenn zum Zeitpunkt des Parlamentsentscheids wesentliche Vorentscheide getroffen wurden, die das Parlament nur unter Inkaufnahme hoher Kosten oder eines Ansehensverlusts für die Gemeinde aufheben kann. Im Zusammenhang mit Ausschreibungsverfahren stellt die Publikation der Ausschreibung einen solchen Vorentscheid dar: Möchte das Parlament eine Auflage oder Änderung beschliessen, die im Widerspruch zur Ausschreibung steht, muss die Ausschreibung zum Ärger der sich an der Ausschreibung beteiligenden Personen oder Organisationen aufgehoben werden, es können zusätzliche Kosten und eine zusätzliche Verzögerung (für die Abwicklung der alten und den Start einer neuen Ausschreibung anfallen). Je nach Zeitplan kann diese Verzögerung massive Folgekosten nach sich ziehen.
Aus diesen Gründen ist es, wenn man die Kompetenzen des Parlaments ernst nimmt, selbstverständlich, dass es seine Rechte ausüben kann, bevor die Ausschreibung erfolgt. Wie am Geschäft «Erweiterung Schulanlage Morillon», traktandiert am 2. Mai 2022, zu sehen war, spiegelt sich diese Selbstverständlichkeit nicht im Handeln des Gemeinderats: Der diesem Geschäft zugrundeliegende Projektwettbewerb wurde am 18. März 2022 auf Simap.ch unter der Projekt-ID 235301 publiziert. Damit hätten vom Parlament gewünschte Änderungen zum Inhalt des Projekts oder des Wettbewerbs einen Abbruch des Ausschreibungsverfahrens nach sich gezogen. Dies ist angesichts des grossen Projektvolumens von voraussichtlich über 30 Mio. CHF besonders stossend: Das Parlament wird aus dem Nichts mit einem Projekt konfrontiert, welches ganz am Anfang steht, und kann im Grunde schon keinen Einfluss mehr ausüben.
Vor dem geschilderten Hintergrund ist es der Zusammenarbeit zwischen Parlament und Gemeinderat dienlich, wenn das Parlament künftig frühzeitig über die Zeitpläne von Projekten orientiert wird, die im Gemeinderat und in der Verwaltung bereits angelaufen sind und für die schon ein Zeitplan besteht, die aber noch nicht im Parlament traktandiert sind. Diese Orientierung kann auch im Rahmen einer neu zu schaffenden öffentlichen Geschäftsplanung, ähnlich wie sie bspw. im Grossen Rat existiert,(2) erfolgen. Mit diesem Vorgehen wird auch ersichtlich, wie viel zeitlicher Spielraum dem Parlament zur Verfügung steht und wie sich dieser im Verlauf der Zeit, bspw. durch Rückweisungen innerhalb des Gemeinderats, verändert.
Begründung der Dringlichkeit:
Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass der eigentlich selbstverständliche Inhalt dieses Vorstosses nicht eingehalten wird. Es gilt, umgehend darauf zu reagieren, da dem Parlament heute relevanter Entscheidungsspielraum vorenthalten wird. Dies wiederum kann relevante Kostenfolgen für die Gemeinde haben.
(1) Vgl. https://www.koeniz.ch/public/upload/assets/18009/151.1_geschaeftsreglement_parlament.pdf?fp=6.
(2) Vgl. https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte.html.
Titel: Eins nach dem anderen bei teuren Ausschreibungen
Art des Vorstosses: Dringliche Fraktionsmotion (EVP-GLP-Mitte-Fraktion)
Erstunterzeichner: Casimir von Arx
Weitere Unterzeichnende (20): Roland Akeret (GLP), Fabienne Marti (GLP), Sandra Röthlisberger (GLP), Andreas Hauser (GLP), Michael Gerber (GLP), Beat Biedermann (Die Mitte), Toni Eder (Die Mitte), Matthias Müller (EVP), Ronald Sonderegger (FDP), Dominic Amacher (FDP), Beat Haari (FDP), Heidi Eberhard (FDP), Tatjana Rothenbühler (FDP), Dominique Bühler (Grüne), David Müller (Grüne), Christine Aebischer (Grüne), Simon Stocker (Junge Grüne), Daniel Hofer (Grüne), Isabelle Feller (Junge Grüne), Christine Müller (Grüne)
Status der Bearbeitung:
- 13.02.2023: Der Erstunterzeichner zieht die Ziffern 3 und 4 zurück. Das Parlament überweist die übrigen Ziffern der Motion (Protokoll der Parlamentssitzung, S. 48 ff.). Der Gemeinderat hat zwei Jahre Zeit, um die Motion zu erfüllen.
- 11.01.2023: Der Gemeinderat verabschiedet seine Stellungnahme zuhanden des Parlaments (Stellungnahme des Gemeinderats). Er beantragt dem Parlament, die Motion abzulehnen.
- 18.10.2022: Auf Antrag des Gemeinderats verlängert das Parlamentsbüro die Frist für die Stellungnahme des Gemeinderats bis 23.12.2022.
- 02.05.2022: Das Parlamentsbüro gewährt keine Dringlichkeit.
- 02.05.2022: Die Motion ist eingereicht (Originaldokument, S. 1 f.). Der Gemeinderat bereitet eine Stellungnahme zuhanden des Parlaments vor.
- Hinweis: Falls obige Direktlinks nicht mehr funktionieren, bitte direkt auf der Seite des Gemeindeparlaments unter www.koeniz.ch suchen (der Vorstoss trägt in der Systematik des Gemeindeparlaments die Geschäftsnummer «2213»).