07.06.2021: Dringliche Interpellation «Wie sieht der mittelfristige Plan des Regierungsrats in Sachen Contact-Tracing aus?»
Im Zuge der Wiedereröffnung von Restaurants, Bars und Clubs wurde im Kanton Bern ein Contact-Tracing-Regime eingesetzt. Demnach müssen die genannten Betriebe seit dem 10. Mai 2021 die Daten ihrer Gäste erfassen und täglich in eine zentrale Datenbank des Kantons übermitteln.(1) Der Interpellant anerkennt die Bemühungen des Regierungsrats, mit epidemiologisch vertretbaren Öffnungsschritten und entsprechenden Begleitmassnamen wie dem Contact-Tracing zeitnah wieder mehr sozialen Austausch und mehr Einkommensquellen für die Gastronomie zu ermöglichen. Da heute nicht absehbar ist, wie lange das Contact-Tracing-Regime aufrechterhalten werden muss, stellen sich aber Fragen zur mittelfristigen Perspektive.
Gegenwärtig müssen sich Restaurant-, Bar- und Clubbetreiber im Kanton Bern faktisch für einen von 26 App-Anbietern(2) entscheiden, um dem Contact-Tracing-Regime gerecht zu werden. Andernfalls müssten sie die Daten jedes ihrer Gäste manuell in ein Web-Formular der GSI eintippen.
Der Kanton Bern macht den App-Anbietern Vorgaben zur Schnittstelle zwischen ihrer App und seiner zentralen Datenbank.(3) Die Daten werden nach Angaben des Kantons nach 14 Tagen aus der zentralen Datenbank gelöscht.(4) Diese befinde sich in der Schweiz, die Daten seien verschlüsselt.(5)
Der Regierungsrat wird um Beantwortung folgender Fragen gebeten:
- Für das Proximity-Tracing bzw. die SwissCovid App wurde dank hoher Standards ein Meilenstein hinsichtlich Datenschutz und Transparenz gesetzt.(6) Warum hat der Kanton Bern fürs Contact-Tracing ein Regime eingesetzt, welches nicht ebenso hohe Datenschutz- und Transparenzstandards beinhaltet?
- Welche Anforderungen betreffend technische Sicherheit, Datenschutz und Offenlegung des Quellcodes muss eine App resp. muss ihr Anbieter erfüllen, um vom Kanton Bern fürs Contact-Tracing zu-gelassen zu werden?
- Unter den derzeit zugelassenen App-Anbietern hat es eine, die betreffend Datenschutz in Vergangenheit nicht nur positiv aufgefallen ist.(7) Wie werden der Quellcode der Apps und die Datenbearbeitung durch die App-Anbieter vom Kanton oder von unabhängiger Stelle überprüft?
- Ist es zutreffend, dass die Gästedaten unter dem geltenden Contact-Tracing-Regime potenziell doppelt gespeichert werden, nämlich zum einen zentral beim Kanton und zum anderen bei den jeweiligen App-Anbietern selbst?
- Gibt es unter den derzeit zugelassenen Apps solche, die den Gastrobetrieben vollkommen kostenlos zur Verfügung gestellt werden? Wenn ja, wie wird deren Betrieb finanziert?
- Ist es zutreffend, dass Personen, die im Kanton Bern regelmässig Gastrobetriebe besuchen, potenziell und komplizierterweise eine Vielzahl von Apps auf ihren Geräten installieren müssen, um dem Contact-Tracing-Regime gerecht zu werden? Wenn ja, trägt dieser Umstand nach Ansicht des Regierungsrats dazu bei, dass die Gäste sich bemühen, den Vorgaben zum Contact-Tracing Folge zu leisten?
- Wie oft wurden vor dem 10. Mai 2021 im Rahmen des Contact-Tracing Kontaktdaten von Restaurants, Bars und Clubs angefordert? Wie oft gab es dabei Probleme und welche?
- Wie viele Gäste von Restaurants, Bars oder Clubs konnten seit dem 10. Mai 2021 durch den Kanton Bern dank der zentralen Datenbank verständigt werden, dass sie potenziell dem Coronavirus ausgesetzt waren?
- Nach welchen Kriterien entscheidet der Regierungsrat, wie lange das geltende Contact-Tracing-Regime aufrechterhalten bleibt? Welche Rolle spielt dabei der Nutzen des Regimes und wie wird dieser quantifiziert?
- Ist der Regierungsrat bereit, ein hinsichtlich Datenschutz, Transparenz und Gästefreundlichkeit besseres Contact-Tracing-Regime aufzugleisen, wenn sich abzeichnet, dass das Contact-Tracing für mehr als ein paar Monate aufrechterhalten werden muss? Wenn nein, warum nicht?
Begründung der Dringlichkeit:
Die Einführung des Contact-Tracings bei Gastrobetrieben ist hinsichtlich Datenschutz, Transparenz und Gästefreundlichkeit suboptimal und hat deswegen auch Wellen geworfen.(8) Es müssen rechtzeitig Verbesserungsmöglichkeiten angedacht werden für den Fall, dass das Contact-Tracing-Regime über längere Zeit aufrechterhalten werden muss.
(1) https://www.gef.be.ch/gef/de/index/Corona/Corona/bar_club_meldung/faq-restaurant-event-datenbank.html.
(2) https://www.gef.be.ch/gef/de/index/Corona/Corona/bar_club_meldung.assetref/dam/documents/GEF/GS/de/corona/App-Anbieter.pdf, Stand 26.05.2021.
(3) https://www.gef.be.ch/gef/de/index/Corona/Corona/bar_club_meldung/Technischer-Input.assetref/dam/documents/GEF/KAZA/de/Formulare/Corona/GCT-API%2BDocumentation%2B%28EN%29-270421-v1_3.pdf.
(4) https://www.gef.be.ch/gef/de/index/Corona/Corona/bar_club_meldung/faq-restaurant-event-datenbank.html#anker-anchor-11.
(5) https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/mm/2021/05/20210512_1430_fuer_ein_effizientescontacttracingbrauchtesallebeteiligten?cq_ck=1620823298911.
(6) Z. B. Privacy by design, weitestgehend offener Quellcode, dezentrale Datenspeicherung.
(7) https://www.republik.ch/2020/08/28/hashtag-lunchgate.
(8) Siehe z. B. https://www.derbund.ch/gastronomen-rufen-zum-datenstreik-auf-482641122605.
Titel: Wie sieht der mittelfristige Plan des Regierungsrats in Sachen Contact-Tracing aus?
Art des Vorstosses: Einzelinterpellation
Sprecher: Casimir von Arx
Weiter Urheber:innen:
Status der Bearbeitung & version française: siehe Website des Grossen Rates (falls dieser Direktlink nicht mehr funktioniert, bitte direkt auf der Seite des Grossen Rates unter www.gr.be.ch suchen; der Vorstoss trägt in der Systematik des Grossen Rates die Geschäftsnummer «2021.RRGR.166»)