02.06.2024: Anfrage «Arbeitet der Kanton Bern mit ÖV-Unternehmungen zusammen, die die umstrittene Sekundenstrafe anwenden?»
Seit geraumer Zeit können ÖV-Billetts via Smartphone-App gelöst werden. Dabei kann es vorkommen, dass ein Fahrgast sein Billett wegen technischer Probleme oder in der Eile erst kurz nach der fahrplanmässigen oder der effektiven Abfahrtszeit löst. Wie verschiedentlich in den Mieden zu lesen war, akzeptieren einige ÖV-Unternehmungen dies nicht und belegen bei Billettkontrollen teils selbst Fahrgäste, die ihr Billett nur wenige Sekunden nach der Abfahrt gelöst haben, mit demselben Zuschlag wie Schwarzfahrer:innen. Das Verhängen dieses Zuschlags ist inzwischen als «Sekundenstrafe» bekannt.
Die Sekundenstrafe wird mitunter mit den hohen Ertragsausfällen wegen Schwarzfahrens begründet. Die Ausfälle betragen nach Schätzungen der ÖV-Branche ca. 200 Mio. CHF pro Jahr. Zwar ist klar, dass etwas gegen die Ertragsausfälle unternommen werden muss. Zugleich scheint es unplausibel, dass die Ertragsausfälle daher rühren, dass Personen in guter Absicht ihr Billett knapp zu spät lösen.
Unlängst wurde bekannt, dass verschiedene ÖV-Unternehmungen, bspw. die SBB, an der Sekundenstrafe festhalten.(1) Zwar scheinen sie nun immerhin eingesehen zu haben, dass es grotesk ist, einen Zuschlag zu verhängen, wenn das Billett zwar nach dem fahrplanmässigen, aber immer noch vor dem tatsächlichen Abfahrtszeitpunkt gelöst wurde. Am Grundsatz der Sekundenstrafe wird aber festgehalten. Betroffene Fahrgäste können eine Rückerstattung des Zuschlags beantragen; dieses komplizierte Verfahren dürfte dem Ärgernis aber nur bedingt Abhilfe schaffen.
Der Regierungsrat wird um Beantwortung folgender Fragen gebeten:
- Bei welchen ÖV-Unternehmungen, die die Sekundenstrafe anwenden, bestellt der Kanton Bern ÖV-Angebote?
- Wie kann der Kanton Bern als (alleiniger) Besteller eines ÖV-Angebots einer ÖV-Unternehmung die Auflage machen, dass die Sekundenstrafe nicht angewendet wird?
- Ist der Regierungsrat der Ansicht, dass die Sekundenstrafe der Akzeptanz der Digitalisierung im Bereich der ÖV-Billetts Vorschub leistet?
(1) Vgl. z. B. https://www.bernerzeitung.ch/sbb-umstrittene-sekundenstrafe-bleibt-bestehen-502412587690.
Titel: Arbeitet der Kanton Bern mit ÖV-Unternehmungen zusammen, die die umstrittene Sekundenstrafe anwenden?
Art des Vorstosses: Einzelanfrage
Sprecher: Casimir von Arx
Status der Bearbeitung & version française: siehe Website des Grossen Rates (falls dieser Direktlink nicht mehr funktioniert, bitte direkt auf der Seite des Grossen Rates unter www.gr.be.ch suchen; der Vorstoss trägt in der Systematik des Grossen Rates die Geschäftsnummer «2024.STA.597»)