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14.03.2023: Motion «Politische Partizipation von Jugendlichen stärken, Teil 2 – Vorstossrecht für das kantonale Jugendparlament»

Antrag:

Dem Grossen Rat werden die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen unterbreitet, damit das offiziell anerkannte kantonale Jugendparlament Vorstösse in den Grossen Rat einbringen kann.


Begründung:

Vorbemerkung: Die Motionen «Politische Partizipation von Jugendlichen stärken, Teil 1 – Schaffung eines offiziellen kantonalen Jugendparlaments» und «Politische Partizipation von Jugendlichen stärken, Teil 2 – Vorstossrecht für das kantonale Jugendparlament» zielen zusammen auf die Anerkennung, Stärkung und Unterstützung des Jugendparlamentarismus auf kantonalbernischer Ebene ab. Die Anträge wurden auf zwei Motionen aufgeteilt, weil der eine Teil der Anträge (Teil 1 – Schaffung eines offiziellen kantonalen Jugendparlaments) in die Zuständigkeit der Regierung fällt und der andere Teil (Teil 2 – Vorstossrecht für das kantonale Jugendparlament) in die Zuständigkeit des Ratsbüros. Die Motionärinnen und Motionäre schlagen vor, die beiden Motionen im Grossen Rat gemeinsam zu beraten.

Neben Aufgaben wie der Gesetzgebungsarbeit und der Aufsicht über die Regierung ist das Vorstosswesen ein wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen Tätigkeit. Vorstösse erlauben es Parlamentsmitgliedern, losgelöst von einem bestehenden Geschäft eigene Vorschläge in die Beratungen des Parlaments einzubringen.

Die Möglichkeit, bei den Behörden Vorschläge einzubringen, ist auch ein wichtiges Anliegen von Jugendparlamenten. Diese Möglichkeit wertet die Arbeit eines Jugendparlaments wesentlich auf, das Verständnis politischer Prozesse wird weiter verbessert und das politische Handwerk kann konkreter geübt werden. Zudem können so Anliegen einer Altersgruppe in den politischen Prozess einfliessen, die keinen Einsitz in den Behörden hat.

Deswegen soll auch das offiziell anerkannte kantonale Jugendparlament des Kantons Bern das Recht erhalten, Vorstösse in den Grossen Rat einzubringen. Voraussetzung hierfür dürfte die Anerkennung einer Organisation als kantonales Jugendparlament sein, wie dies in Ziffer 1 der Motion «Politische Partizipation von Jugendlichen stärken, Teil 1 – Schaffung eines offiziellen kantonalen Jugendparlaments» beantragt wird.

Die Motion lässt offen, in welcher Form genau das Jugendparlament Vorstösse in den Grossen Rat einbringen können soll. Der Entscheid für eine bestimmte Form hängt von den Antworten auf verschiedene Fragen ab, unter anderem:

  • Soll das Jugendparlament sämtliche Vorstosstypen einreichen können, die den Mitgliedern des Grossen Rates zur Verfügung stehen? Oder beschränkt man sich bspw. auf Motionen, Postulate und Interpellationen?

  • Soll das Jugendparlament Vorstösse direkt ins Grossratsplenum einbringen können? Oder sollen sie zunächst von einem anderen Ratsorgan (z. B. von einer Kommission) behandelt werden und, wenn ja, wie?

In der Schweiz existieren denn auch verschiedene Modelle, wie Jugendparlamente Vorstösse einbringen können. Einige Beispiele:

  • Kanton Zürich:(1) Das Jugendparlament kann seine Beschlüsse in Form einer Petition beim Kantonsrat einreichen. Eine Kantonsratskommission entscheidet, ob die Petition in einen Vorstoss umgewandelt wird.

  • Stadt Luzern:(2) Das Kinder- und das Jugendparlament können Anträge gemäss Art. 29a der Luzerner Gemeindeordnung(3) einreichen. Solche Anträge «sind sinngemäss wie eine Motion oder ein Postulat eines Mitglieds des Grossen Stadtrates zu behandeln».

  • Gemeinde Köniz:(4) Das Jugendparlament hat das Recht, parlamentarische Vorstösse (Motion, Postulat, Interpellation, Anfrage) einzureichen.

Die Motionärinnen und Motionäre sprechen sich für ein Modell aus, bei welchem das Jugendparlament Vorstösse möglichst direkt in den Grossen Rat einbringen kann. Dies hat den grössten Lerneffekt und zeigt am stärksten, dass die Arbeit des Jugendparlaments ernst genommen wird. Zudem müssen die Grossratskommissionen und ihre Sekretariate nicht in Anspruch genommen werden.

Denkbar ist ausserdem, dass das Vorstossrecht vorerst befristet eingeführt und nach einigen Jahren evaluiert wird, bevor der Grosse Rat über eine definitive Einführung befindet.

Unabhängig von der Modellwahl und der Frage der Befristung ändert sich mit der Möglichkeit, Vorstösse in den Grossen Rat einzubringen, nichts an der Entscheidkompetenz: Über die Annahme der Vorstösse entscheiden einzig die Mitglieder des Grossen Rats.

 

(1) Vgl. das Zürcher Kantonsratsgesetz, § 141 (https://www.zh.ch/de/politik-staat/gesetze-beschluesse/gesetzessammlung/zhlex-ls/erlass-171_1-2019_03_25-2020_05_01-118.html).

(2) Vgl. die Stadtluzerner Verordnung über das Kinder- und das Jugendparlament, Art. 2 (https://www.stadtluzern.ch/dokumentebilder/rechtssammlung/kapitel/info/99916).

(3) Vgl. https://www.stadtluzern.ch/dokumentebilder/rechtssammlung/kapitel/info/99149.

(4) Vgl. das Reglement über das Jugendparlament Köniz, Art. 8 (https://www.koeniz.ch/public/upload/assets/12179/143.1_reglement_jugendparlament.pdf). Siehe auch Art. 48 ff. und 56 des Geschäftsreglements des Könizer Parlaments (https://www.koeniz.ch/public/upload/assets/18009/151.1_geschaeftsreglement_parlament.pdf).


Titel: Politische Partizipation von Jugendlichen stärken, Teil 2 – Vorstossrecht für das kantonale Jugendparlament

Art des Vorstosses: Überparteiliche Motion

Sprecher: Casimir von Arx

Weiter Urheber:innen (7): Claudine Esseiva (FDP), Karin Fisli (SP), Elisabeth Dubler (Grüne), Simone Leuenberger (EVP), Katja Riem (SVP), Samuel Kullmann (EDU), André Roggli (Die Mitte)

Status der Bearbeitung & version française: siehe Website des Grossen Rates (falls dieser Direktlink nicht mehr funktioniert, bitte direkt auf der Seite des Grossen Rates unter www.gr.be.ch suchen; der Vorstoss trägt in der Systematik des Grossen Rates die Geschäftsnummer «2023.RRGR.84»)